Dr. Ute Holl
Mag. Alessandro Barberi
Um das Verhältnis von Ästhetik und Politik im Nationalsozialismus
aus medientheoretischer Perspektive zu betrachten, wird das Projekt die Frage
nach der Produktion, Konstitution und Beschaffenheit eines bestimmten Wahrnehmungsraumes
aufwerfen: inwiefern hat der zunehmend generalstabsmäßige Einsatz
von Sprache, Kunst und Medien im Dritten Reich zur Transformation von Wahrnehmungsstrukturen
geführt, zu einer Neukonfiguration sozialer Räume, einer Reorganisation
von Verhaltensweisen und zur Produktion eines kollektivierten Imaginären,
das in der Lage war, das Grauen kriegerischer und exterminatorischer Politik
offenbar als Wunscherfüllung zu tragen und zu ertragen.
Zunächst werden wir genauer auf Fragen der Übergänge und Kontinuitäten
eingehen, um zu klären, inwiefern überhaupt von einer faschistischen
oder nationalsozialistischen Ästhetik die Rede sein kann: einerseits lassen
sich im Dritten Reich Fortführungen der Traditionen künstlerischer
Bewegungen des frühen 20. Jahrhunderts erkennen, andererseits kann etwa
Leni Riefenstahl bis heute und mit Erfolg ihre Kunst als Ausdruck eines reinen
und überhistorischen Schönheitsideals verteidigen. Konkreter werden
wir dann aus medientheoretischer Perspektive (Proseminar "Ästhetisierung
der Politik", Ute Holl), aus filmhistorischer Perspektive (Proseminar "Faszinierende
Entfesselung ..." Ute Holl) und aus diskurshistorischer Perspektive (Proseminar
"Totalitäre Sprachen" Alessandro Barberi) versuchen, zu beschreiben,
wie die Re-Organisation eines bestimmten Erfahrungsraumes zum "Lebensraum"
vorgenommen wurde. Im Rahmen des Projekts soll untersucht werden, wie in dessen
Strukturen die Repräsentationsformen von Geschichte, Gesellschaft, Natur
und Identität als Mythos, Volk, Reich und Führer erscheinen und damit
eine ästhetisch begründete Politisierung der Massen als Ende jeder
politischen Partizipation durchgesetzt werden konnte.
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